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Happy Birthday, liebe Helene! Wir gratulieren dir.

Die Präsidentin des Österreichischen Gehörlosenbundes und Österreichs erste gehörlose Nationalratsabgeordnete Helene Jarmer feiert am 8.8. einen runden Geburtstag. Was in ihrem Geburtsjahr 1971 undenkbar war, ist heute für gehörlose Menschen Realität: Die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) ist als eigenständige Sprache anerkannt, Informationssendungen im Fernsehen werden gedolmetscht, Notrufsysteme werden barrierefrei. Helene Jarmers unermüdlicher Einsatz treibt die Inklusion gehörloser Menschen ständig voran.

Es war schon eine kleine Sensation, als 2009 eine große blonde junge Frau am Rednerpult im Sitzungssaal des Nationalrats Aufstellung nimmt und die Abgeordneten in Gebärdensprache begrüßt. Alle Augen sind auf sie gerichtet, niemand wagt einen Zwischenruf, nur geflüstert wird in den Reihen der Volksvertreter*innen: Die Grünen haben eine gehörlose Frau zur Behindertensprecherin nominiert – das hat etwas Exotisches.

Die politische Arbeit ist Helene Jarmer aber bereits bestens vertraut. Eigentlich hat sie schon als Kind für Chancengleichheit gekämpft. Als Kind gehörloser Eltern wuchs sie mit Gebärdensprache auf. Erst in der Schule wurde ihr so richtig bewusst, wie sehr Menschen, die nicht hören, aus allen Bereichen der Gesellschaft ausgegrenzt werden: Helene wird nicht in ihrer Muttersprache unterrichtet, wie alle andern. Sie kann sich die weiterführende Schule nicht aussuchen, denn nicht an jeder kann sie maturieren. Studium? Man lacht sie aus: Wie soll denn eine gehörlose Studentin den Vorlesungen folgen und Prüfungen ablegen.

Helene Jarmer hat sich jede Etappe erkämpft und alles bewältigt. Ihre Erfahrungen bilden die Basis für ihren Beruf – eigentlich müsste man Berufung sagen, denn Helene verfolgt das Ziel der Barrierefreiheit und Chancengleichheit für gehörlose, schwerhörige und taubblinde Menschen leidenschaftlich, kompetent und mit sagenhafter Zähigkeit.

Dieser Hartnäckigkeit und ihrer Authentizität ist es zu verdanken, dass die ÖGS 2005 als vollwertige, eigenständige Sprache in Art.8(3) der Österreichischen Bundesverfassung anerkannt und 2013 als immaterielles Kulturerbe von der Österreichische UNESCO-Kommission eingetragen wurde. Beides sind wichtige Erfolge, aber ihr größtes Ziel hat sie noch nicht erreicht.

Helene Jarmer kämpft ihr halbes Leben schon um die Verbesserung der Bildungschancen für gehörlose und schwerhörige Personen. Aus eigener leidvoller Erfahrung weiß sie: Unterricht in Deutsch diskriminiert, grenzt aus, verbaut gehörlosen Menschen die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben mit einem Beruf ihrer Wahl und eigenem Einkommen. Mit aller Kraft und Erfahrung, unnachgiebig und unbestechlich setzt sie sich dafür ein, dass die ÖGS als Unterrichtssprache anerkannt und eingesetzt wird, dass ein Studium, Berufsbildung oder später Weiterbildung für gehörlose Leute leichter möglich werden, indem Dolmetscher*innen bereitstehen.

Das erfordert den politischen Willen der Regierung, denn bislang gibt es keine Lehrpläne, Lehr- und Lernmaterialien und ausgebildete Lehrkräfte für ÖGS an den Schulen. Ihrer politischen Erfahrung und Überzeugungskraft ist es zu verdanken, dass die Behinderten- und Bildungssprecher*innen nach und nach erkannt haben: das ist ein berechtigter Anspruch! Mit einem Allparteienantrag und dem folgenden Beschluss im Nationalrat wird nun der Lehrplan auf den Weg gebracht. Gratuliere, Helene!

Aber wenn das geschafft und der Lehrplan an den Schulen eingesetzt wird, wird Helene das nächste Ziel ins Visier nehmen: leidenschaftlich, kompetent und mit sagenhafter Zähigkeit.

Dafür wünschen wir ihr eine robuste Gesundheit und ein langes Leben. Alles Gute, Helene!

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