Seit 10 Jahren gibt es in Tirol ein Beratungsangebot für taubblinde Menschen. Dieses Jahr wurde die Taubblindenarbeit in den Gehörlosenverband Tirol aufgenommen. Das war ein wichtiger Schritt für die Förderung und Sichtbarmachung von taubblinden Menschen, denn durch ihre komplexe Sinnesbehinderung sind taubblinde Menschen oft stark isoliert. Martina Da Sacco arbeitet seit 2013 in der Taubblindenarbeit und erzählt uns in ihrem Gastbeitrag von ihrer Arbeit:
In den letzten 10 Jahren konnte viel für Betroffene in Tirol bewegt werden. Seit 2013 gibt es ein Beratungsangebot für taubblinde und hörsehbeeinträchtigte Menschen, deren Angehörige, Fachleute und Interessierte. Dieses wichtige Angebot konnte mit Unterstützung von Claudia Bair (ehemalige Leitung der Beratungsstelle für Gehörlose) und der Beratungsstelle für taubblinde und hörsehbehinderte Menschen (ÖHTB/Wien) geschaffen werden.
Seit Jänner 2024 ist die Taubblindenarbeit Tirol beim Gehörlosenverband Tirol mit einer fixen Anstellung verankert. Dies ist ein großer Meilenstein für die Taubblindenarbeit, da diese dadurch auch in Zukunft gesichert ist. Die Gruppe der zweifach sinnesbeeinträchtigten Menschen ist – wie keine andere – davon bedroht, unter isolierenden Bedingungen leben zu müssen. Besonders die Bereiche Kommunikation, Mobilität, Orientierung, Erhalt und Weitergabe von Information und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben können aufgrund von Taubblindheit oder Hörsehbeeinträchtigung in unterschiedlicher Ausprägung eingeschränkt sein. Durch ein zielgerichtetes, auf die Bedürfnisse der Kund:innen abgestimmtes Beratungsangebot ist es möglich, isolierende Lebensrealitäten aufzubrechen und Betroffenen die Möglichkeit zu geben, am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können.
Ein wichtiger Baustein, um dies zu erreichen, ist neben der Beratung das Angebot der Taubblindenassistenz, welches als Pilotprojekt beim Gehörlosenverband Tirol seit April 2021 angeboten wird. Auf dem Weg zur Realisierung der Taubblindenassistenz in Tirol konnte die Taubblindenarbeit den Kontakt zu den Betroffenen herstellen und diese über das Angebot der Taubblindenassistenz informieren.
Seit Jänner 2024 habe ich (Martina da Sacco) die pädagogische Leitung der Taubblindenassistenz übernommen und freue mich mein Wissen dort einfließen lassen zu können. Die Taubblindenarbeit Tirol ist in drei Hauptbereiche gegliedert:
– Individuelle Beratung für Betroffene, Angehörige und Interessierte
– Vernetzungsarbeit
– Öffentlichkeits- und Sensibilisierungsarbeit
Die Beratung wird für Kund:innen niederschwellig angeboten und findet meist in Form von Hausbesuchen statt, da taubblinde/hörsehbeeinträchtigte Menschen oft sehr eng im Familienverbund oder in Institutionen leben. Die Beratung richtet sich nach den Wünschen der betroffenen Person, wie Information zu technischen Hilfsmitteln (z.B.BrailleSense Polaris, Tablet, Vibrationswecker usw.), dem Angebot der Taubblindenassistenz, Kommunikationsformen oder Unterstützung bei der Antragsstellung (z.B. Pflegegeld, Hilfsmittelantrag, Dolmetschkostenantrag usw.).
Die Taubblindenarbeit Tirol pflegt im Sinne der Vernetzung einen regen Austausch mit der Beratungsstelle für taubblinde und hörsehbehinderte Menschen (ÖHTB/Wien). Diese finanziert über das Licht ins Dunkel Projekt „Brücke zur Welt“ einen (kleinen) Teil meiner Anstellung beim Gehörlosenverband Tirol, mit dem Ziel, das Angebot der Taubblindenassistenz in Tirol weiterzuentwickeln. Ebenfalls vernetzt sich die Taubblindenarbeit Tirol mit dem Forum für Usher Syndrom, Hörsehbeeinträchtigung und Taubblindheit und ist in Tirol durch das FOMIKO (Forum Miteinander Kommunizieren) im regelmäßigen Austausch mit verschiedenen Organisationen, welche mit Menschen arbeiten, die keine Lautsprache nützen.
Da nur wenige Personen über diese spezielle Lebensrealität von taubblinden Menschen Bescheid wissen, ist die Öffentlichkeits- und Sensibilisierungsarbeit besonders wichtig. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit werden Veranstaltungen gemacht (z.B. am Helen Keller Tag) oder Zeitungs- und Fernsehberichte realisiert. In den letzten Jahren konnten auch mehrere Lormworkshops angeboten werden, welche mit großem Interesse angenommen wurden. Die Taubblindenarbeit Tirol versucht auch Vorträge oder Workshops für Betroffene und in diesem Feld professionell Tätige anzubieten. Die Taubblindenarbeit Tirol hofft auch in Zukunft, dass die Belange von taubblinden und hörsehbeeinträchtigten Menschen gesehen und gehört werden, um diese auf ihrem Weg zu einem selbstbestimmten Leben begleiten zu können. Am 25.10.2024 feiern wir im Gehörlosenverband Tirol mit Betroffenen, deren Familien, Interessierten und geladenen Gästen aus der Politik 10 Jahre Taubblindenarbeit Tirol!
Wir bedanken uns herzlich bei Martina da Sacco vom Gehörlosenverband Tirol für diesen Gastbeitrag.
Dieser Artikel ist im Rahmen des GebärdeSache-Newsletters entstanden. Hier kannst du dich für unseren monatlichen Newsletter anmelden: