Vom 24. Bis 31. Mai fand in Deutschland ein Wassersportcamp für taubblinde Menschen statt. Brigitte Baumann von HandsCom erzählt uns, wie sie das Camp erlebt hat. Der Bericht zeigt vor allem, wie wichtig Community und gegenseitige Unterstützung sind. Aber schaut selbst, was Brigitte Baumann zu erzählen hat:
Hallo zusammen, mein Name ist Brigitte Baumann. Ich bin Gebärdensprachpädagogin. Im Jahr 2023 habe ich mich selbständig gemacht und die Firma Handscom gegründet.
Handscom hat verschiedene Angebote. Wir bieten Gebärdensprachunterricht an Universitäten, Schulen, Firmen und verschiedensten Institutionen an. Der zweite Fokus liegt darauf, Vorträge und Workshops zum Thema Taub-Blindheit anzubieten.
Weiters bieten wir noch verschiedene Materialien zum Verkauf an. Wir verkaufen z.B. Plakate mit dem Fingeralphabet in verschiedenen Formaten, ein Hand-Memory-Spiel mit dem Fingeralphabet. Wir bieten auch eine Trinkflasche an, auf der das Wort “Cool” steht. Außerdem gibt es noch ein Sackerl, auf dem auch “Cool” steht. Auf der Rückseite ist die Gebärde “I love you” abgebildet.
Ich möchte euch nun vom Wassersportcamp für taubblinde Personen erzählen. Dieses Angebot gibt es bereits in Deutschland, in Österreich jedoch noch nicht. Ich bin gemeinsam mit einer Taubblinden-Assistentin in Ausbildung nach Deutschland gereist.
Das Wassersportangebot vor Ort war sehr vielseitig. Man konnte z.B. Yoga, Wasser-Yoga, Massagen oder Stand-Up-Paddling, wo auch gleichzeitig Gleichgewicht gefordert ist, ausprobieren. Dann gab es noch Windsurfen und Kanufahren. Im Kanu sitzt die taubblinde Person vorne und die Assistenz dahinter, um von hinten den Überblick zu bewahren und zu steuern. Zusätzlich wurden Fitness- und Wasser-Fitness-Übungen angeboten. Es war ein sehr vielfältiges Angebot.
Alle Trainer:innen waren gehörlos und es war sehr angenehm zu kommunizieren. Neben den vielen Sportarten wurden auch Ausflüge angeboten. Einmal konnte man mit einem Schiff einen Ausflug auf eine Insel machen. Die Insel war autofrei, was für taubblinde Personen von Vorteil war. Dort konnte man gut wandern und einen Leuchtturm besichtigen. Es gab tägliche Spaziergänge in der Früh und am Abend, um den schönen Sonnenauf- und -untergang zu genießen. Das Farbspiel aus gelb, rot und orange war besonders schön und beeindruckend. Am Abend konnte man sich unterhalten, austauschen oder etwas spielen. Für die taubblinden Teilnehmer:innen war das sehr angenehm. Für uns beide waren das viele neue Erfahrungen.
Diesen Gastbeitrag hat Brigitte Baumann für uns geschrieben:
Vom 24. bis 31. Mai 2025 war ich gemeinsam mit meiner Praktikantin Barbara Schuster Teil eines besonderen Wassersportcamps für taubblinde Menschen in Bergen auf Rügen. Eine Woche voller Begegnungen, Bewegung und neuer Eindrücke – ein Erlebnis, das mich tief berührt hat.
Die Anreise über Berlin verlief entspannt.
Zum ersten Mal bin ich gemeinsam mit ihr zum Flughafen gegangen – ohne ständig auf den Boden schauen zu müssen. Dabei habe ich mich sicher und entspannt gefühlt. Es war eine große Erleichterung, eine TBA (Taubblindenassistenz) an meiner Seite zu haben.
Besonders angenehm war für mich die Fahrt mit dem Flixbus – ruhig, angenehm leer und ideal, um auf engem Raum nebeneinandersitzend taktil in Gebärdensprache zu kommunizieren. Barbara begleitete mich dabei aufmerksam und einfühlsam durch ungewohnte Situationen.
Im Camp trafen rund 20 taubblinde Teilnehmer:innen (TB) mit ihren Assistenzen (TBA) aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammen. Die Unterbringung in kleinen Wohngruppen ermöglichte einen engen Austausch. Schon am ersten Abend war die Stimmung offen und herzlich – jede Person brachte ihre eigene Kommunikationsform ein, von taktiler Gebärdensprache über Lormen bis zur Braille-Technik.
Körper in Bewegung – Geist in Balance
Die täglichen Yoga- und Fitnesseinheiten mit Betty und Manny forderten uns körperlich, gaben aber auch Raum für Achtsamkeit und innere Ruhe. Besonders der SUP-Kurs war für mich ein persönliches Highlight: Nach acht Jahren gelang es mir endlich wieder, auf dem Board zu stehen – unterstützt von Barbara, begleitet vom Applaus der Gruppe und spielerisch gefeiert vom Trainer.
Auch die Kanufahrt, Aqua-Yoga und das Trockentraining am Meer waren intensive Erfahrungen – jede Aktivität wurde achtsam begleitet und auf unsere Bedürfnisse angepasst.
Erlebnisse auf Hiddensee
Der Ausflug auf die autofreie Insel Hiddensee war ruhig, eindrucksvoll und entschleunigend. Beim Besuch des Leuchtturms wurden alle Schritte detailliert taktil beschrieben. Besonders beeindruckend war die Begegnung mit modernen Hilfsmitteln wie einem Braille-Smartphone – eine Form der Kommunikation, die für uns zum ersten Mal erleben durften.
Die Praktikantin Barbara lernte in diesen Tagen viel über taktile Kommunikation und konnte sich immer sicherer ausdrücken. Sie suchte bewusst Kontakt zu anderen TB und war offen für neue Formen des Austauschs – das war sehr schön mitzuerleben.
Mit den Händen sehen – der Sonnenuntergang
An einem Abend standen wir gemeinsam am Meer. Der Himmel färbte sich in warmes Orange, tiefes Rot und sanftes Violett – diese Farbstimmungen wurden mir von meiner TBA taktil beschrieben. Ich spürte sie in Worten und Händen – ein intensives Erlebnis. In dieser ruhigen Atmosphäre wurde viel taktil kommuniziert, und ich fühlte mich tief verbunden mit den Menschen um mich.
Workshop mit dem Titel „Empower Myself“
Wir Taubblinden hatten dabei die Gelegenheit, uns intensiv auszutauschen – über positive Erfahrungen, persönliche Erfolge, aber auch über Herausforderungen und Hürden, mit denen wir im Alltag konfrontiert sind. Der Austausch war offen, ehrlich und stärkend.
Das Camp hat mir neue Perspektiven eröffnet – nicht nur sportlich, sondern auch menschlich. Der respektvolle Umgang, das offene Lernen voneinander und das gemeinsame Erleben haben mich gestärkt. Ich danke allen Organisatorinnen, Trainerinnen, TB und TBA für diese besondere Woche.
Dieser Artikel ist im Rahmen des GebärdenSache-Newsletters entstanden. Hier kannst du dich für unseren monatlichen Newsletter anmelden: