Liebe Leserinnen und Leser,
am 10. Dezember 2024 findet in Salzburg eine bedeutende Tagung statt, die den Titel „Gebärdensprache – Das Recht auf die eigene Sprache und seine Auswirkungen“ trägt. Dieser Titel allein spiegelt eine der zentralen Herausforderungen wider, vor denen wir als Gehörlosengemeinschaft stehen: die Anerkennung und Umsetzung unserer Rechte, insbesondere in Bezug auf die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS).
Die Barrieren, die gehörlose Menschen im Alltag erfahren, sind oft nicht körperlicher, sondern gesellschaftlicher Natur. Provokant formuliert: Gehörlose Menschen sind nicht behindert, sie werden behindert – durch mangelnde Barrierefreiheit und die fehlende gesellschaftliche Anerkennung ihrer Sprache. Obwohl die ÖGS seit 2005 offiziell als eigenständige Sprache anerkannt ist, fehlt es weiterhin an tatsächlicher Umsetzung ihrer Rechte.
Die Tagung in Salzburg greift genau diese Problematik auf. Nationale und internationale Expert:innen diskutieren über die rechtliche und gesellschaftliche Position der Gebärdensprache. Themen wie die Anerkennung der Gebärdensprachgemeinschaft als sprachliche Minderheit, Maßnahmen zur Reduzierung von Diskriminierung und sprachlichen Barrieren sowie die Stärkung der politischen Verantwortung werden erörtert. Hier zeigt sich, wie wichtig es ist, dass die Gehörlosengemeinschaft aktiv an diesen Diskussionen teilnimmt. Denn es geht nicht nur um theoretische Debatten, sondern um unsere alltägliche Lebensrealität.
Doch warum ist die Anerkennung der ÖGS als Minderheitensprache so bedeutsam? Weil sie mehr ist als ein rechtliches Konstrukt. Sie ist ein Ausdruck unserer Identität, unserer Kultur und unseres Gemeinschaftsgefühls. ÖGS ist für uns mehr als Kommunikation – sie ist ein Lebensweg, ein Medium, durch das wir unsere Welt gestalten und verstehen.
Die Veranstaltung zeigt aber auch, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben. Die Rechte auf Gleichstellung und Nichtdiskriminierung sind zwar in vielen internationalen Konventionen, wie dem UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, verankert. Doch ohne eine klare und konsequente Umsetzung bleiben sie oft nur auf dem Papier bestehen.
Wie können wir als Gemeinschaft aktiv werden? Zunächst durch Sichtbarkeit und Präsenz. Jede:r einzelne von uns hat die Möglichkeit, durch Engagement, Teilhabe und Aufklärung die Wahrnehmung von ÖGS und Gehörlosenkultur zu stärken. Darüber hinaus können wir uns gegenseitig stärken, sei es durch den Austausch von Erfahrungen oder die Förderung von tauben Kindern und hörenden Kindern gehörloser Eltern.
Lasst uns die Gelegenheit nutzen, die Tagung nachhaltig wahrzunehmen – sei es vor Ort oder in Gedanken. Die Tagung in Salzburg ist nicht nur ein Forum für Diskussionen, sondern ein Appell an uns alle, unsere Rechte einzufordern und für die Zukunft unserer Sprache und Gemeinschaft zu kämpfen.
Bleiben wir laut, stark und sichtbar,
herzlichst,
euer Lukas
Dieser Artikel ist im Rahmen des GebärdeSache-Newsletters entstanden. Hier kannst du dich für unseren monatlichen Newsletter anmelden: